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15-07-2017: 25 Jahre Agenda 21: Anleitung zur Nachhaltigkeit aus Rio de Janeiro

15-07-2017: 25 Jahre Agenda 21: Anleitung zur Nachhaltigkeit aus Rio de Janeiro

Am 14. Juni 1992 wollten über 170 Länder Armut und Umweltverschmutzung bannen. Jetzt 25 Jahre und viele weitere Abkommen später zeigt sich, es ist nur bedingt gelungen.

Im Sommer 1992 einigten sich 170 Staaten erstmals auf eine Agenda und Rahmenabkommen um zu einer nachhaltigen Entwicklung zu lenken und damit die Lebensgrundlagen für alle weiteren Generationen zu bewahren. Die 350 Seiten starke Agenda 21 sollte die Anleitung dazu sein und zugleich Rahmenvertrag zum Schutz des Klimas und der Artenvielfalt sein. Die Zielrichtung der Agenda 21 war für Schwellen- und Entwicklungsländern anders als für Industriestaaten.

Die Folgekonferenzen und Abkommen von Kyoto 1997 bis Paris 2015 hatten das Ziel den in Rio beschrittenen Weg fortzuführen und legten erstmals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern fest. Eine so umfassende Weltkonferenz wir vor 25 Jahren in Rio, mit einer großen Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf den Gebieten der Nachhaltigkeit hat und wird vermutlich nicht wieder zusammenzubekommen sein. Populismus in vielen Ländern der Welt lassen ein multinationales Abkommen zur Bewahrung der Einen Welt kaum noch zu.

Blickt man auf das Erreichte zurück, so fallen die Erfolge beim Kampf gegen Armut, Hunger und Krankheiten auf, und das trotz Bevölkerungswachstum von 5,3 Mrd. auf 7,3 Mrd. und damit um 35% in den letzten 25 Jahren

  • Die Zahl der in absoluter Armut (Kaufkraftparität unter 1,90 US/Tag) lebenden Menschen ist von 1,9 Mrd. (1990) auf 840 Mio. (2015) gesunken.
  • Die Zahl der Hungernden ist seit 1990 um 216 Mil. auf aktuell 795 Mil. zurückgegangen.
  • Kinder und Müttersterblichkeit haben sich nahezu halbiert und Krankheiten wie Masern, Malaria und Aids sind deutlich zurückgedrängt worden.

Auf der Umweltseite fällt die Bilanz weniger positiv aus. So sind vom weltweite Waldbestand etwa 130 Mio. ha (~ 3-mal die Fläche Deutschlands) zwischen 1990 und 2015 vor allem in den Tropen vernichtet worden, vornehmlich um Anbauflächen für Viehfutter und Agrosprit zu gewinnen. Die Fischbestände sind weltweit überfischt und die Erderwärmung ist in den letzten 25 Jahren um 0,8 Kelvin gestiegen. Ein Rückgang des CO2 Ausstoß in den meisten Industrieländern liegt deutlich hinter den Absprachen zurück mit der Folge, dass die CO2-Konzentration noch immer jährlich um 3 ppm steigt, was das Erreichen eines 2 Grad Zieles nahezu unmöglich macht.

Immerhin beschlossen die Staaten der Welt neben dem Pariser Klimaabkommen auch die Agenda 2030 mit ihren 17 globalen Entwicklungszielen (SDG) Ende 2015. Das Bündnis Eine Welt begleitet den lokalen Prozess in Schleswig-Holstein um die gesteckten Ziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Die Zielerreichung ist ambitioniert und das Jahr 2030 scheint noch in weiter Ferne zu liegen. Aber 13 Jahre sind eine kurze Zeit um die Welt auf einen nachhaltigen Weg zu bringen. Eine schnellere Umsetzung die vorhandenen Ideen ist unabdingbar um den Kollaps zu verhindern.

01-06-2017 0,7 vs. 2,0 Prozent – Entwicklungshilfe vs. Rüstungsausgaben

01-06-2017: 0,7 vs. 2,0 Prozent – Entwicklungshilfe vs. Rüstungsausgaben

Die weltweiten Militärausgaben betrugen im Jahr 2016 rund 1,69 Billionen US-Dollar, demgegenüber standen laut Entwicklungsausschuss der OECD (DAC) voraussichtlich 132 Milliarden US-Dollar für die Entwicklungshilfe.

Entwicklung und Innere Sicherheit eines Landes sind eng miteinander verbunden. Nur in einem Land mit einem Mindestmaß an Sicherheit kann es eine nachhaltige Entwicklung geben. Die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte auf der Sicherheitskonferenz Afrika am 29. März 2017 in Berlin am Beispiel Mali: „Entwicklung brauch Sicherheit. Doch die Sicherheit, die wir leisten, ist nur nachhaltig, wenn Mali sich weiterentwickelt.“ Im Marshallplan mit Afrika des Entwicklungsministers Gerd Müller lesen wir: „Afrika ist bei allen Krisen der Chancen- und Wachstumskontinent dieses Jahrzehnts oder dieses Jahrhunderts." und „Jeder Euro, den wir vor Ort in Bleibeperspektiven investieren, bewirkt 20-mal mehr als in Deutschland."

Beide Ziele, Sicherheit und Entwicklung in einem Land, bedürfen neben viel Engagement vor allem Geld. Dazu können die beiden Zahlen, 0,7 und 2,0 herangezogen werden.

Das Development Assistance Committee (DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat bereits 1970 vor der UN-Vollversammlung das Versprechen der Industriestaaten, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungshilfe aufzuwenden. Jetzt nach fast 50 Jahren wird dieses Ziel von nur fünf der 28 Staaten eingehalten – Deutschland gehörte bisher nicht dazu. Im Jahr 2015 waren es 0,52 Prozent, aber auch nur weil die Flüchtlingskosten im Inland hinzugerechnet werden konnten, ansonsten wären es weniger als 0,5 Prozent. Nun liegen die Zahlen für 2016 vor und tatsächlich erreicht Deutschland erstmals 0,7 Prozent des BNE aufzuwenden. Zumindest rechnerisch kommt Deutschland der Anforderung der OECD mit 24,7 Mrd. USD nach. Aber auch diesmal enthalten die Ausgaben die erheblichen Aufwendungen für Geflüchtete in Deutschland und erfüllen nicht das von Minister Müller gesteckte Ziel der Bleibeperspektive in den Ländern Afrikas. Sollten die erforderlichen Aufwendungen für die Geflüchtete in Deutschland wie erwartet zurückgehen, wird das nominelle Ziel sicher nicht mehr erreicht.

Dem stehen aktuell 1,2 Prozent des BNE für Rüstungsausgaben (40 Mrd. USD) gegenüber. Zwar ist Deutschland damit auch deutlich hinter dem Nato-Ziel von 2,0 Prozent entfernt, aber dennoch belaufen sich die Ausgaben für die Verteidigung auf fast das doppelt der Ausgaben für die Entwicklung.

Es gibt genug Stimmen die die Erfüllung der vereinbarten Ziele von 0,7 bzw. 2,0 Prozent fordern. Nachhaltige Entwicklung und Sicherheit sind untrennbar miteinander verbunden, der Aufwand für die Erreichung beider Ziele, der Sicherheit und Entwicklung eines Landes, sollten ausgewogen sein und in erster Linie den Menschen in eben diesen Ländern nutzten. Unverständlich ist warum die Ausgaben für die Sicherheit nahezu um den Faktor drei höher sein müssen als die der Entwicklung eines Landes.

In einem Beitrag für die F.A.Z. (27.02.17) bekennen sich Beide, die Verteidigungsministerin und der Entwicklungsminister sowohl zu dem Ziel, 0,7 Prozent des Nationaleinkommens für Entwicklungshilfe aufzubringen als auch den Verteidigungsetat auf 2,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.

Die Gretchenfrage ist nun: Wo stehen die stärkeren Lobbyisten? In der Rüstungsindustrie oder in den Reihen der Entwicklungszusammenarbeit? Denn beides kurzfristig zu erreichen wird sicher nicht gelingen.

23-01-2017: BREXIT & EU Entwicklungshilfe

23-01-2017: Großbritannien verlässt die EU, was bedeutet das für die Entwicklungszusammenarbeit?

Am 23. Juni 2016 hat sich die Mehrheit der Briten für den Austritt Großbritanniens aus der EU ausgesprochen. Viel wird über die potenziellen Folgen des BREXIT für den Zusammenhalt Europas diskutiert, deutlich weniger erfahren wir über die Auswirkungen auf die Europäische Entwicklungspolitik und damit auf die Partnerländer im globalen Süden unserer Mitglieder.

Die Entwicklungspolitik der EU ergänzt die Entwicklungspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten. Diese Konstruktion geht darauf zurück, dass einige der Mitgliedstaaten Kolonialmächte waren und ein Interesse daran hatten, die in den 1960er Jahren unabhängig gewordene Gebiete (AKP-Staaten) in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen und wirtschaftlich an sich zu binden.

Die Entwicklungszusammenarbeit mit 78 Ländern in Afrika, der Karibik und im Pazifik wurde in verschiedenen Abkommen [(1975 Lomé / Togo) (2000 Cotonou /Benin)] verabschiedet und läuft noch bis Februar 2020. Bis dahin laufen ab 2018 auf europäischer Ebene Vorbereitungen für ein Folgeabkommen – zu diesem Zeitpunkt wird Großbritannien nicht mehr Teil der EU sein. Damit entfällt quasi automatisch die moralische und politische Verpflichtung zur Entwicklungshilfe der EU mit ehemaligen britischen Kolonien.

Wie wird die Entwicklungspolitik der EU nach 2020 aussehen? Es wird wohl auf eine Fokussierung auf Westafrika hinauslaufen. Frankreich ist nach Deutschland der größte Zahler in den Europäischen Entwicklungsfond (EEF), und wird seine Interessen an den ehemaligen französischen Kolonien verstärkt durchsetzen. Die Folgen für die britischen AKP Länder im südlichen und östlichen Afrika sind noch nicht absehbar, sie könnten jedoch ab 2020 ihre Finanzierungsgrundlage verlieren.

Der Wegfall staatlicher Entwicklungshilfe wird mittelbar Einfluss auf die Arbeit der kleinen Hilfsorganisationen in Deutschland und den Partnerländern haben.

18-09-2016: Bayer / Monsanto

18-09-2016: Bayer übernimmt Monsanto – die Lösung bei der Bekämpfung des weltweiten Hungers?

Da kauft der Chemie-Konzern Bayer, als führender Hersteller von Düngemitteln und Pestiziden in der Landwirtschaft, den größten Saatguthersteller. "Gemeinsam können wir noch mehr dazu beitragen, dass im Jahr 2050 zehn Milliarden Menschen satt werden“ sagt Bayer-Chef Werner Baumann. Eigentlich doch eine gute Nachricht! Da nimmt ein Konzert viel Geld in die Hand um den Hunger auf der Welt zu beenden! Nah endlich! Die globalen Zahlen sind beängstigend, 800 Millionen Menschen leiden chronisch an Hunger (FOA 2015). Wird dieses Leid jetzt durch das Zusammenführen von Saatgut-, Dünger- und Pestizidherstellern endlich beendet?

Aber lässt sich der Hunger auf der Welt wirklich so einfach beenden? Zweifel sind angebracht, denn seit mehreren Jahrzehnten wird die industrielle Landwirtschaft als Lösungsweg proklamiert - genverändertes Saatgut ist widerstandsfähiger, optimierte N-Düngung bringt höhere Erträge, Pestizide verhindern Ernteausfälle durch Schädlinge. Nur leiden heute noch nahezu genau so viele Menschen an Hunger wie noch vor 20 Jahren.

Hier entsteht der weltweit größte Agrar- und Chemiekonzern, ein Megakonzern mit eine marktbeherrschende Stellung im Bereich Saatgut, Gentechnik und Pestizide, mit noch völlig offenem Ausgang für die Welternährung, die lokale Landwirtschaft und die kleinbäuerlichen Strukturen.

Gewinner werden Aktionäre und der Bayer-Monsanto-Megakonzern selbst sein, daran besteht kein Zweifel. Steigende Preise sind bei marktbeherrschenden Unternehmen recht wahrscheinlich, dass werden die Landwirt auf der ganzen Welt zu spüren bekommen. Und der Verbraucher? Gentechnik und Glyphosat – guten Appetit!